Mittwoch, 24. Juni 2009

Einmal am Tag eine gute Tat

Nur nicht heute und ich habe ein schlechtes Gewissen, ein sehr schlechtes.

Man stelle sich folgende Situation vor: zwei junge, voll im Saft stehende Kerle, nennen wir sie Andreas und... ich, verabreden sich, um im Proberaum zu simplen Testzwecken ein weltbekanntes Lied einer noch bekannteren Grunge-Band vollkommen ohne Zeitdruck und unverbindlich aufzunehmen. Wir treffen um 18:15 Uhr ein, merken, dass ich die Hälfte vergessen habe und beschließen, diese Hälfte aus meinem beschaulichen, etwa 5 Minuten entfernten Heim zu holen. Gesagt, getan. Auf dem Rückweg sehen wir auf der anderen Seite einen behinderten Mann im Rollstuhl und wir machen harmlose, pubertäre Späßchen über diesen behinderten Mann. Um zu unserem Proberaum zu kommen, müssen wir die Straße überqueren, was wir - gutgelaunt - auch tun. Plötzlich das Unerwartete: "Entschuldigung, Jungs?"

Wir sehen erst den Mann im Rollstuhl, dann uns an. "Kann ich euch kurz um was bitten?", sagt dieser Mann und schlagartig ist uns klar, dass er verdammt verzweifelt ist. "Könnt ihr mich ein Stück schieben? Ich kann nicht mehr.." Erst jetzt fällt mir auf, dass der Mann keine Unterschenkel besitzt. Wir zögern, stammeln. Darauf waren wir nicht vorbereitet. Wir sagen, wir hätten eigentlich keine Zeit, was für sich genommen schon unverschämt, da unwahr ist. Doch dann kommt das, was den Stich mitten ins Herz bedeutet und das Gewissen ausbluten lässt. "Ich gebe euch auch 2 Euro dafür"
Spätestens hier hätten wir den Ernst der Lage erkennen und dem armen Mann helfen müssen, selbstverständlich, ohne das Geld zu nehmen. Stattdessen erfüllen wir jedes Klischee des nicht hilfsbereiten, egoistischen und herablassenden Teenagers und besitzen darüberhinaus auch noch die Dreistigkeit, auf die anderen Passanten zu verweisen, in der hilflosen Hoffnung, sich stillschweigend und doch anstandsvoll dieser unangenehmen Situation entziehen zu können. Was natürlich vollends ins Gegenteil umschlägt.
Dieser Satz ist mir immer noch peinlich: "Fragen Sie doch mal die Leute dahinten. Die helfen bestimmt." Wenn diese Leute sich für genau so hilfsbereit halten wie wir es vorher getan haben, werden sie ihm nicht geholfen haben. Zu unserer Schande kann ich das aber nicht genau sagen, da wir danach einfach weggingen. Ein enttäuscht klingendes "Trotzdem danke, Jungs" in den Ohren. Aua.

Wer nicht schon vor Abscheu weggeklickt hat, dem sei gesagt, dass ich am liebsten selbst wegklicken würde. Doch das geht wohl nicht. Diese Situation war Realität und sie ist genau so passiert, ohne dass irgendetwas unser Verhalten rückgängig oder gar wieder gut machen könnte.
Das Einzige, was uns bleibt, ist die Erkenntnis, dass die Selbsteinschätzung grandios fehlgeschlagen ist und Egoismus über Zivilcourage gesiegt hat.

Das ist keine Entschuldigung, aber ich möchte wetten, dass viele Menschen genauso gehandelt hätten, wie wir. Das ist erschreckend. Und sollte nicht Alltag sein.
Wie gerne hätte ich rückblickend lieber einen Blogeintrag geschrieben, in dem ich über diesen furchtbar netten und interessanten Mann im Rollstuhl erzählt hätte, der uns schüchtern um Hilfe bat, und dem wir diese Hilfe sofort gewährten. Wir wären ins Gespräch gekommen, er hätte uns vielleicht aus seinem Leben erzählt und wir ihm aus unserem. Das wäre fantastisch geworden. Erkenntnisreich. Eine Erfahrung, die man nicht oft macht.

Es war eine Chance, sich zu beweisen. Zu zeigen, dass man doch was gelernt hat, bis jetzt, mit seinen 19 Jahren. Stattdessen ist einfach alles schiefgegangen. Aua.

Montag, 22. Juni 2009

Übertrieben gestellte Bandfotos

Wie ich sie hasse!

Natürlich sind 99% aller Bandfotos gestellt. Die Bands müssen sie machen lassen, damit ihre Plattenfirmen sie vernünftig vermarkten können. Man kann sich dabei aber auch lächerlich machen, was Billy Talent hier hervorragend umsetzen:



Indem sich die Bandmitglieder in sinnfreie Stellungen begeben und dämliche Grimassen schneiden, machen sie dem Betrachter deutlich, dass dieses Bandfoto gestellt ist, und wollen dadurch witzig wirken. Tatsächlich wirken sie dadurch eher wie Witzfiguren.

Hinzu kommt, dass der Typ ganz rechts, ich glaube der Schlagzeuger, einfach nur dasteht, wie auf einem normalen Bandfoto, was höchstwahrscheinlich genauso gewollt ist, wie die affigen Posen seiner Kollegen. "Höhö, wie wär's wenn einer von euch einfach gar nichts macht - das wär' lustig!", dachte sich wohl jemand aus dem anwesenden Umfeld der Band oder der Band selbst. Nein, es ist nicht lustig, es ist in diesem Zusammenhang ebenfalls idiotisch.

Das einzige, das ich diesem Bandfoto abgewinnen kann, ist die Äquivalenz zwischen seiner Lächerlichkeit und dem musikalischen Stellenwert der Band die es darstellt. Allerdings ist genau das als einziges an diesem Foto nicht gewollt, wodurch dieser Aspekt wiederum auf der Lächerlichkeitsseite gut geschrieben werden muss.

Wie man es besser macht zeigt uns eine, rein zufällig auch musikalisch bessere, Band namens Dredg:

Freitag, 19. Juni 2009

Once upon a time in Uerdingen

Nun denn,

einen Monat ist es bereits her, dass wir uns in den Proberaum einfanden um gemeinsam etwas aufzunehmen. Zu behaupten, dass demnächst eine Veröffentlichung ansteht wäre schlicht und einfach gelogen. In Wahrheit fand jene Aufnahmesession lediglich zu unserer eigenen Belustigung statt und das Produkt des Ganzen wird niemals die Gefilde von Myspace oder ähnlichen "Social Networks" erreichen.

Aber nun zum eigentlichen Ablauf:

An jenem Sonntag fanden wir uns gemeinsam im Proberaum ein. Martin wurde wie üblich von meiner Wenigkeit abgeholt, liegt seine Residenz doch quasi auf dem Weg. Rasch wurden alle Mikrofone aufgebaut um das Schlagzeug abzunehmen: 

Nachdem die Schlagzeugaufnahme nach wenigen Anläufen erfolgreich abgeschlossen wurde (Ein Lob an Freddi alias Scarface ;) ), wurde der Bass eingespielt:


Danach wurden noch 2 Gitarrenspuren aufgenommen. Insgesamt verlief die Session ohne große Probleme und innerhalb weniger Stunden (inkl. Kartenspielpausen).

Zum Schluss gibts noch diverse Impressionen aus unserem Proberaum, inklusive unserer neusten Anschaffung, einer Orgel, die wir dem Sperrmüll sei dank für lau erhalten haben.


Stick auf Snare.

Fabian bei der Arbeit.

Unsere Orgel.

Der durchdringende Blick einer gequälten Seele...

Montag, 18. Mai 2009

Wenn alle nach links gucken und du rechts herum gehst

Ich mache schon mal gerne einen DVD-Abend mit Freunden. Ich habe ziemliches Glück, dass einige meiner Freunde und ich einen sehr ähnlichen Filmgeschmack haben. Wir mögen Filme mit coolen Leuten, ausgeklügelter Handlung und unchronologischer Szenefolge. So ziemlich alles von Quentin Tarantino zum Beispiel.

Nach dem wir mit unserer Band eine sechsstündige Aufnahmesession beendet hatten fuhren wir zu dritt in zwei Autos zu mir nach Hause. Um uns schon mal auf den ersten Film einzustimmen gab es eine halsbrecherische Verfolgungsjagd durch die Straßen Uerdingens und Rumelns.

Als wir gegen 22 Uhr in meinem Keller ankamen starteten wir sogleich den ersten Film: Lucky Number Slevin. Wir hatten uns schon im Verlaufe des Tages für zwei Filme entschieden. Als zweites schauten wir Big Fish. In die engere Auswahl war noch Pulp Fiction gekommen, aber den kennen wir schon, wohingegen Lucky Number Slevin zwei von uns noch nie gesehen hatten.





Sehr spannend, viele Pistolen, leicht übertrieben coole Dialoge und eine gute Story - bis auf das Ende. Die letzten zehn Sekunden haben den Film etwas ins Lächerliche gezogen. Als "Mr. Goodkat" das Radio anmacht und ein schlechter Funksong mit dem Titel Kansas City Shuffle gespielt wird. Ohne Sinn, nach meinem Verständnis. Echt schade; hätte der Film zehn Sekunden früher aufgehört hätte ich ihn in der Gesamtheit als doppelt so gut empfunden. Wie in The Matrix, als Neo aus der Telefonzelle geht und wie Supermann losfliegt. Da kann ich nur noch den Kopf schütteln.

Und das Aufklären der (wie gesagt guten und) verworrenen Story war mir etwas zu plump. Ich mag es mehr, wenn die gute und verworrene Story eines Films nach und nach in Stücken aufgeklärt wird oder sogar überhaupt nicht, wie in dem sehr gelungenen Film Stay, den ich letzte Woche gesehen habe. Wenn aber der Protagonist gegen Ende des Films herunterbetet, wie denn nun alles tatsächlich passierte, muss ich innerlich vor Langeweile stöhnen. Bis auf diese beiden Dinge ein toller Film. Fabian fand die eingebaute Romanze zwischen Josh Hartnett und Lucy Liu etwas nervig, ich fand sie okay. Die Besetzungen von Bruce Willis und Morgan Freeman werteten den Film zusätzlich auf. Als Gangster-Story-Film bekäme Lucky Number Slevin gute 7 von 10 Punkten von mir.







Nach einer kleinen Pause wurde Big Fish in den DVD-Player gelegt. Ich zitiere an dieser Stelle einfach die Einleitung des Wikipediaartikels, die de Film sachlich und passend umschreibt:

Big Fish ist ein Fantasy-Drama des US-amerikanischen Regisseurs Tim Burton aus dem Jahr 2003, nach dem gleichnamigen Roman von Daniel Wallace. Größtenteils erzählt er in fantastisch anmutenden Rückblenden das Leben Edward Blooms, das Kernthema des Films aber ist der Konflikt zwischen dem Fabulierer Edward und dessen eher nüchternem Sohn William.


Ich kann an dem Film nichts bemängeln und habe mich gut unterhalten gefühlt. Aufgrund des Genres wird er aber wohl keiner meiner Lieblingsfilme.



Um Punkt 1.48 h verließ der Pöbel das Gebäude.

Freitag, 15. Mai 2009

Die Metaebene des Wartehäuschens

Wie jedes Mal, wenn ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs bin, fühle ich mich auch heute nach meiner Ankunft zuhause wieder so, als hätten sich sämtliche Tripper- Herpes- und Syphilisviren des Universums allein durch Anwesenheit in einer Straßenbahn auf meinem Körper versammelt. Es kribbelt also an allen Extremitäten des Körpers und ich habe das Bedürfnis, mich ausgiebig zu waschen, beschränke diesen Drang allerdings lediglich auf meine Hände, was meinem Befinden dann auch ein bisschen gut tut.

Sitze ich in der Bahn, beobachte ich Leute. Ich glaube, niemand kann von sich behaupten, dass er das noch nie getan hat - was bleibt einem auch übrig?
Interessant, welche Kommunikationsformen einem da auffallen. Das geht von reinem Augenkontakt und Körpersprache (das verliebte Pärchen direkt vor mir) über normale Gespräche zwischen normalen Menschen und kaltem Schweigen bei allen Alleinreisenden bis hin zu asozialstem Herumpöbeln, bei dem man menschliche nur schwer von tierischen Lauten unterscheiden kann (das waren dann die Personen hinten in der Bahn, die sich darum stritten, wer denn nun die herausgeworfene Kappe wieder reinholte und dabei die Türe blockierten und die Bahn am Weiterfahren hinderten, bis - unter lautem, affengleichen Gebrüll - sich dann doch jemand erbarmte, seine Würde wahlweise zu verlieren oder zu erlangen und die Kappe von der Straße aufsammelte...).
Das ist der Standard in deutschen Bahnen, den wohl jeder bestätigen kann.
Weiterhin Standard, aber ungleich interessanter sind die Haltestellen selbst. Da nämlich nicht nur das Internet oder das Handy Orte schriftlicher Kommunikation sind, lassen sich in einigen Wartehäuschen ziemlich interessante Wortwechsel nachvollziehen, die sich teilweise sogar (wahrscheinlich unbewusst) auf einer beachtenswert ironischen Metaebene befinden:



Man müsste das jetzt mal analysieren!

Sonntag, 10. Mai 2009

Schreyl mich nicht so an!

Hat jemand die vergangene Staffel DSDS verfolgt? Ich muss zugeben, dass ich in der Vergangenheit desöfteren eingeschaltet habe und das, obwohl ich nach einer Staffel jedesmal felsenfest behauptete: "Den Scheiß tu ich mir nicht nochmal an!" - spätestens bei den Castings im nächsten Jahr saß ich dann doch wieder vorm Fernseher und ließ mich von vermeintlich lustigen RTL-Animationen unterhalten.

Auch im Jahr 2009 war das so. Castings, Recall, Top-20-Shows, das alles flimmerte wieder über meinen Bildschirm, aber der Funke wollte nicht wirklich überspringen. Irgendwie übertrieb es RTL. Zu viele Animationen, zu viel Blödsinn, zu viel Comedy, zu wenig Castingshow. Und bei den Kandidaten, die weiterkamen: viel zu viel Tränendrüse. Da hat die eine keinen Schulabschluss, der andere scheiterte mit seiner Boygroupkarriere und sah in DSDS seine letzte Chance und wiederum jemand anderes wurde früher in der Schule für seine Stimme geschlagen und gemobbt. Diejenigen, die bei RTL diese kleinen emotionalen Einspieler vor den Auftritten machen, müssen angesichts solcher Lebensgeschichten Luftsprünge gemacht haben. Wegen der Stimme gemobbt und dann unter den Top 10 (und später eben der Gewinner), eine fantastische Geschichte - und eine weniger, die man sich ausdenken oder inszenieren muss. Das spart Arbeit, die man sich bei einem gnadenlos uninteressanten Menschen wie Kandidatin Annemarie wohl machen musste. Kein wirklicher Schicksalsschlag. Okay. Naja, machen wir sie halt zur Zicke, dachte man sich wohl. Langweilig wurde das trotzdem irgendwann.

So ging also gestern auch die 2009er-Staffel zuende und ich kann mit Stolz sagen, dass sich mein DSDS-Sehverhalten schon etwas geändert - ich möchte fast sagen: verbessert - hat. Denn von den 10 Mottoshows, von denen keine einzige ein wirkliches Motto hatte (wenn man von "Balladen" und "Greatest Hits" einmal absieht), sah ich nur drei oder vier. Und die Entscheidungsshows hab ich dann gar nicht mehr abgewartet, denn wenn diese Staffel eines war, dann war sie grenzenlos egal.

Das wurde gestern besonders deutlich. Da saß ich also mit Laptop vor dem Fernseher und versuchte, das Finale aufmerksam zu verfolgen, aber bereits nach der ersten Runde verlagerte sich meine Aufmerksamkeit mehr auf den kleinen Bildschirm auf meinem Schoß. Marco Schreyls sich immer wiederholende Satzfetzen (neudeutsch: Schreylismen), die wohl eine emotionale Show hinaufbeschwören sollten und immer wieder betonten, dass es ein waaahnsinnig knappes Finale sei (womöglich, nein, bestimmt sogar das knappste Finale seit immer), drangen in meine Ohren, zwischendurch unterbrochen von langweiligen Gesangseinlagen der Kandidaten. Gähn.

Die sind sowieso das egalste an der Sendung. Ich weiß auch nicht genau, woran es liegt, aber in vergangenen Staffeln hatte ich wenigstens meistens eine kleine Tendenz bezüglich eines Kandidaten. Das machte zwar keinen Sinn, weil auch diese Kandidaten sehr egal waren, aber damals konnte ich mich noch irgendwie auf dieses Unterhaltungskonzept einlassen, wenn auch widerwillig. Vielleicht lag es daran, dass an DSDS-Samstagen generell einfach nichts Besseres im Fernsehn läuft. Aber egal, wer gestern gewonnen hätte, mehr als ein nüchternes "Aha" hätte es mir nicht abgewonnen - weswegen ich auch gestern nicht die Entscheidungsshow verfolgte und stattdessen lieber etwas Sinnvolles tat, nämlich schlafen.

Und gerade gucke ich nach, wer gewonnen hat. Daniel Schumacher also.
Aha.

Nächstes Jahr nicht wieder! Wobei...

Samstag, 9. Mai 2009

Vergewaltige mich am richtigen Platz!

Bis ich circa elf Jahre alt war habe ich nicht intensiv Musik gehört. Ich hörte einfach das, was gerade im Radio lief oder auf den Musiksendern gespielt wurde und war für alles offen - ein Weichspüler. Zum Glück, stelle ich rückblickend fest, entdeckte ich damals Nirvana für mich, obwohl die Band da schon seit sieben Jahren nicht mehr existierte. Mein Einstieg in die Rockmusik. Und auch erst ab da wurde Musik ein wichtiger Bestandteil meines Lebens. Der Song, der es mir angetan hatte, war aber nicht "Smells Like Teen Spirit", durch den wohl die meisten diese Band kennen, sondern "Rape Me". Mit diesem Song begann quasi meine musikalische Identität.


Der nächste Schritt war, dass ich die Fähigkeit des intensiven Musikhörens erlangte. Beim intensiven Musikhören gibt es nur die Musik und dich. Nichts anderes. Du kannst beurteilen, ob das Lied komplex ist, du verstehst, wieso der Gitarrist wann welches Riff spielt, was sich die Bandmitglieder wohl beim Schreiben der Musik dachten, du verstehst die Idee hinter dem Song und du kannst mit Sicherheit sagen, ob dir das Lied gefällt oder nicht, vielleicht sogar warum.


Irgendwann kann ein Zeitpunkt kommen, an dem ein Lied totgehört ist. Es fällt einem danach schwer das Lied weiterhin intensiv zu hören, da man damit bereits in die tiefsten Tiefen seines Inneren gegangen ist. Ich war so vernarrt in Nirvana, dass ich es fertigbrachte diese großartige Band komplett totzuhören.

"Das einzige, woran ich den ganzen Tag denken kann, ist Two-Face zu schnappen.
Er hat mein Leben zerstört. Als ich da draußen war heute Nacht, dachte ich er sei es gegen den ich kämpfe, selbst als ich gegen dich kämpfte. Und all der Schmerz verschwand. Verstehst du das?" - "Ja, das tue ich." - "Gut, denn du musst mir helfen ihn zu finden. Und wenn wir ihn gefunden haben werde ich es sein, der ihn tötet." - "Also bist du dazu bereit ein Leben zu nehmen?" - "Solange es Two-Face ist..." - "Fein. Dann wird folgendes passieren: Du tötest ihn, aber dein Schmerz stirbt nicht mit ihm, er wird wachsen. Dann wirst du in die Nacht flüchten, um Ersatz zu suchen. Wieder, und wieder, und wieder. Und eines schrecklichen Morgens wirst du aufwachen und feststellen, dass Rache das einzige ist, das dir in deinem Leben noch geblieben ist, aber du weißt nicht warum." - "Du verstehst das nicht. Deine Familie wurde nicht von einem Irren umgebracht." - "Doch, das wurde sie. Wir gleichen uns."


Seit Nirvana ist viel passiert, und mein Musikgeschmack hat sich im Allgemeinen mehrmals relativ stark verändert. In meiner ersten richtigen "Phase" hörte ich Bands, deren Musik man heute pauschal als Mainstreamrock bezeichnen könnte; Linkin Park, Limp Bizkit, System Of A Down. Aber auch Böhse Onkelz. Aber auch Dishwalla. Da war ich um die 14 Jahre alt.


Zu dieser Zeit erreichte ich die nächste Stufe des intensiven Musikhörens: den "Ohrgasmus", eine Art mentaler Orgasmus, hervorgerufen durch Musik.


Mit den Jahren erweitere sich mein Bewusstsein (Wohl einer der wenigen positiven Aspekte der Pubertät.). Ich war in der Lage schneller und mehr Bands zu finden und deren Musik zu bekommen. Dem Internet sei Dank. Ich entschied zunächst, ob mir die Musik der jeweiligen Band gefällt, um dann gezielt mein Musikrepertoire zu vergrößern.


Die Bands meiner ersten Phase verschwanden zusehends aus meinem Winamp und meinem MP3-Player. Durch die Entdeckung von Last.fm (http://www.lastfm.de/home) konnte ich diesen Prozess des Musikfindens noch einmal beschleunigen. Das Genre Emocore, mit Bands wie Story Of The Year, Funeral For A Friend oder The Used beherrschte damals mein Musikhören. Diese Phase dauerte relativ lange an. Mit 16 Jahren war das in etwa, und es kamen weitere Emocorebands wie Saosin, Alexisonfire, Finch oder A Static Lullaby hinzu. Diese Phase war jedoch gemischt mit etwas Punk (Rise Against, ZSK) und immer noch Böhse Onkelz.


Mit den Ausläufern dieser Phase verband sich die Nächste; Post-Grunge und Alternative Rock. Breaking Benjamin, Creed, Cold, Staind oder Papa Roach waren in dieser Zeit meine Helden. Meine Ohrgasmen wurden in dieser Phase etwas intensiver. (17/18 Jahre)


Ab diesem Zeitpunkt ist es für mich kaum noch möglich die Entwicklungen mit großgefassten Phasen zu beschreiben. Es waren viel mehr viele kleine Phasen, die ich hatte, und habe auch vieles durcheinander gehört; Postcore (Thrice, A Day To Remember), Trip Hop (Massive Attack, Morcheeba), Pop-Rock (Incubus, Lifehouse), Progressive Rock (Dredg, Oceansize) und eine ziemlich "eigene" Band namens Anathema, deren Musik man vielleicht als "Melancholic Alternative Progressive Rock" umschreiben könnte. Dieser Zeitraum war auch das Ende für Böhse Onkelz. Sie hielten sich lange, aber irgendwann ist auch so eine Band mal ausgehört.


Danach, circa Ende 18, kam jedoch wieder eine Zeit, die ich als große Phase bezeichnen kann: Post-Rock: Mogwai, God Is An Astronaut, Sigur Rós, Isis, Red Sparowes...Und obwohl diese Phase jetzt schon etwa ein Jahr andauert, ist kein Ende in Sicht, und ich wüsste auch nicht, was als nächstes kommen könnte.


Wobei...meine neuste "Entdeckung", Radiohead, könnte sich durchaus langfristig in der Top 20 oder Top 10 meiner Last.fm-Charts festsetzen. Ich kannte sie Band natürlich vom Namen her schon eine Weile, aber ich hatte erst neulich das Verlangen sie zu hören. Als Einstiegsdroge fungierte der Song "Everything In Its Right Place" - Der Song, der am Anfang von Vanilla Sky gespielt wird.


Ein Prozess, der mit "Rape Me" begann und sich mit "Everything In Its Right Place" auf einer unbestimmten Etappe befindet. Ich bin wirklich gespannt, wie sich mein Musikgeschmack in den nächsten Jahren weiterentwickeln wird und ob es mir auf den Sterbebett gelingt einen Songtitel zu benennen, der meine musikalische Selbstfindung abschließt. Ob dieser Song wohl schon geschrieben wurde? Ob ich wohl mit 30 immer noch so viel und gerne Musik hören werde? Mit 50? Mit 100? Werde ich überhaupt 50? 20?


Vielleicht höre ich ja irgendwann mal Free Jazz oder Avantgarde. Vielleicht aber auch Techno und Elektro. Charts-Pop und alles im Bereich Hip Hop/RnB kann ich aber zu 99% ausschließen.


Ich höre jetzt mal wieder "Rape Me" und danach "Everything In Its Right Place". Könnte ein komisches Gefühl geben.

Mittwoch, 6. Mai 2009

Organspende

Menschen tun in ihrem Leben sehr häufig sehr seltsame Dinge. Solche, die keiner nachvollziehen kann, sie selbst meistens am wenigsten. Dinge, wegen denen man von seinen sonst so verständnisvollen Freunden auch mal 'nen Vogel gezeigt bekommt. Wegen denen sich diese Freunde fassungslos an den Kopf fassen und sich fragen: "Was hat ihn da nur geritten?"
Trotzdem tun Menschen diese Dinge und vielleicht haben sie recht damit, sie zu tun. Bestenfalls haben sie ja keine negativen Folgen für irgendjemanden.


So. Und wie bekomme ich nun die Kurve zu der Elektro-Orgel, die ich von meinem guten Freund Robin, der sie vom Sperrmüll hat, übernommen habe und die nun ihr tristes Dasein in unserem Proberaum fristet?

Aufräumen

Wenn ich, als potenzieller Leser, diesen Titel sähe, wäre das schon ein herber Rückschlag für meine Leselust. Aufräumen ist wahrscheinlich eine der langweiligsten Thematiken überhaupt. Aber ob man es glaubt oder nicht, bei mir zumindest kann Aufräumen große Gefühle entfachen.

Was die Ordnung und Sauberkeit meines Zimmers anbetrifft bin ich Phlegmatiker. Neben meiner generellen Faulheit gegenüber Dingen, die mir nicht unmittelbar weiterhelfen, ist der Hauptgrund für mein Verhalten die Ansicht, dass ich mit dieser Unordnung ja niemanden belästige, außer mich selbst.

Manchmal aber ist ein Punkt erreicht, an dem selbst ich keinen Ausweg mehr sehe. Hilfreich für das Vorhaben des Aufräumens ist es dann, wenn ich einen sogenannten Aufräumlusterguss bekomme. Dann ist das Aufräumen nämlich gar keine langweilige Qual mehr, sondern ein erfüllendes Bad in Glücksgefühlen. Grundlage für solch einen Aufräumlusterguss muss eine mehrmonatige Abstinenz eines solchen sein. Nur so kann ich genügend Aufräumlustergussenergie gesammelt haben, um diese für einen erfolgreichen Erguss zu verwenden.

Neulich hatte ich wieder einen.

Erstes Symptom war die plötzliche Ansicht, dass zum Beispiel ein aufgeräumter Schreibtisch das allgemeine Arbeitsklima immens steigern könne. Um für meine Abiprüfungen zu lernen bräuchte ich schließlich Platz. Die ganzen Ordner, Zettel und Bücher mussten ergonomisch und politisch korrekt um den Computerbildschirm angerichtet werden.

Also weg mit den leeren Wasserflaschen, den vollgekrümelten Tellern und den ineinander gesteckten und gestapelten Joghurtbechern. Und auch mal feucht über den Tischen gehen und sämtlichen Unrat, wie Verpackungen und Kartons, dem Mülleimer übergeben. Da war der Erguss. Uoaaahh.

Nach drei Treppengängen und mein Meisterwerk anstarrend fühlte ich mich wie ein Ironmangewinner kurz nach dem Zieleinlauf. Erschöpft, aber glücklich. Nachdem das nun geschafft war, konnte ich ja sofort damit beginnen mir die Synthese von Phenolphthalein noch mal anzugucken.

Dienstag, 5. Mai 2009

Rubbertooth

Kennt ihr das, wenn euch eine Stelle in einem Song so fasziniert, dass ihr permanent vor und zurück spult um die Stelle zu hören?
Bei mir ist das im Moment der Fall. Das Lied heißt Rubbertooth von Element Eighty und es handelt sich um die Sekunden zwischen 0:27 und 0:46.
Auch wenn ich denke dass die meisten Leute das Lied nicht kennen möchte ich hier auf ein allgemeines Phänomen hinweisen.
Viele werden auch denken, dass es sich hier um einen schlichten Refrain handelt, der ja quasi das Fundament ist, auf dem viele kommerziell erfolgreiche Lieder ihren Erfolg gründen.
Mein Beispiel ist allerdings ein simpler übergang zwischen zwei Songteilen, der IMHO musikalisch perfekt ist. Gesang, Gitarre und Schlagzeug sind so exakt aufeinander abgestimmt das ich manchmal echt Gänsehaut bekomme.
Der Rest des Songs besteht im Prinzip aus komplett verschiedenen Teilen weshalb eine Einordnung in Refrain Strophen und Bridges schwer fällt. Ob Element Eighty hier einfach bewusst progressiv sein wollte oder einfach aus musiktheoretischer Sicht voll in die Scheiße gegriffen hat, lässt sich nicht eindeutig sagen. 
Fest steht nur: Mir gefällts.

Piep, piep, piep ich benutz dich!

Ich sehe selten fern. Höchstens, wenn mein Lieblingsfernseharzt Dr. House über den Bildschirm flimmert oder schlicht aus Langeweile. Gegebenenfalls auch dann, wenn etwas Außergewöhnliches im Fernsehen läuft. Und so weiter. Normales Fernsehverhalten eben.
Nun gibt es aber hin und wieder Dinge, die mich endlos nerven oder die mir einfach auffallen. Vor Dr. House läuft ja bekanntlich die Krimiattrappe CSI:Miami. Die smarten Ermittler ermitteln da ja auch nur noch mit Computern und ich frage mich jedes Mal: was für Computer sind das eigentlich?
Genauer: Wieso machen sie so komische Geräusche? Sobald auch nur ein Fingerabdruck durch eine der zahlreichen Datenbanken (die es ja für alles gibt) geschickt wird, macht der Computer dieses piepsende, surrende Geräusch. Selbst wenn die Ermittler ein simples Bild öffnen, wird diese Handlung durch ein technisch klingendes Geräusch begleitet. Und wir alle wissen: das gibt es eigentlich nicht.

Bleibt die Frage nach dem Grund für das Ganze. Und ab hier kann man nur vermuten. Hier ein paar Vorschläge:

  • Die Macher der Serie sind sehr bestrebt, den hohen Standard der amerikanischen Ermittlungsarbeit darzustellen und darüber hinaus der Meinung, dass solcherlei Geräusche dafür notwendig sind.

  • Die Macher der Serie halten den gemeinen Zuschauer für so blöd, dass er ohne diese Geräusche gar nicht glaubt oder bemerkt, dass dort auf dem Bildschirm technische Geräte verwendet werden.

  • Die Macher der Serie müssen den ansonsten natürlich äußerst hohen Realismusgehalt mit derlei unrealistischen Spielereien ausgleichen, damit man noch merkt, dass es Fiktion ist.

  • Die Macher der Serie haben sich einfach gar keine Gedanken darüber gemacht und sich stattdessen in die Reihe vieler (und ich wage zu behaupten: fast aller) anderen amerikanischen Produktionen gestellt, in denen diese Sounds auch auftauchen.

  • In Amerika machen Computer diese Geräusche tatsächlich.


Andererseits ist das ja kein rein amerikanisches Phänomen. Auch deutsche Computer scheinen in der Filmwelt solche Geräusche zu machen. Und nicht nur Computer. Auch Autos scheinen auf der Leinwand gerne mal zu zwitschern, wenn sie per Fernbedienung geöffnet werden. Und es ist witzig, dass wohl mittlerweile jeder dieses Geräusch der Handlung "Auto aufschließen" zuordnen kann, obwohl es in der Realität praktisch nicht existiert.

Das alles bestrebt meinen Wunsch, einmal eine absolut unbearbeitete Folge CSI:Miami zu sehen. Wahrscheinlich gähnend langweilig.
Also noch langweiliger als sonst (ist ja eh nur Wartezeitüberbrückung zu Dr. House...).

So. Endlich 21:15 Uhr.

Nachtrag, 21:28 Uhr: Andreas weist mich darauf hin, dass Autos in Amerika wohl tatsächlich diese Geräusche machen. Das ist gut so und sie sollen es tun. Frage bleibt dann, wieso wir es auch aus deutschen Produktionen (z.B. den Tatorten) kennen...